Du möchtest nur einmal Kaninchenbabys?

 

Viele Kaninchenbesitzer haben diesen Wunsch und ich habe schon viele Gründe dafür gehört:

 

  •  "Kaninchenbabys sind doch so süß"
  •  "Meine Kinder möchten gerne miterleben, wie Kaninchen aufwachsen"
  • "Ich behalte auch alle Babys"
  • "Meine Freunde haben Interesse an Babys von meinen Kaninchen"
  • "Ich möchte von meinem Kaninchen einen Nachfolger"

Wenn man diese Aussagen liest, können es wahrscheinlich viele nachvollziehen, warum der Wunsch nach Babys da ist. Also bräuchte man im Prinzip nur eine Häsin und einen Rammler und schon kanns losgehen.

 

Nur leider sind dies nur die positiven Seiten und in der Praxis sieht es oft ganz anders aus. Es gehört viel mehr dazu, als nur zu wissen, dass man eine Häsin und einen Rammler braucht, um Kaninchenbabys in die Welt zu setzen.

 

Dazu zählen z. B. genetische Aspekte, seien es Gen- und Erbfehler, die weitervererbt werden können, die Genetik der Farbe (oft kommt beim wahllosen Verpaaren nur "wildfarben" raus, oder auch wie groß die Zuchttiere sind, bzw. wie krankheitsanfällig.

 

Ich zeige Euch hier einige Beispiele auf, die vielleicht so manchen zum Überlegen bringen, ob es diese eine Verpaarung wirklich wert ist und ob man seinem Kaninchen damit wirklich was Gutes tut. Denn, wie ich oben schrieb, es gehört einiges an Wissen hinzu, wenn man Kaninchen miteinander verpaaren möchte:


Was sollte man VOR der Verpaarung beachten?

  •  Besitzen die Zwerge eine Abstammung? Sind die Züchter seriös und kennst du sie? Kennst du auch die Vorfahren der Elterntiere und dessen Züchter? Ist die Abstammung wirklich korrekt? Was weißt du über die Haltung der jeweiligen Züchter? 
  •  Sind die Kaninchen frei von Krankheiten? Z. B. körperliche Fehlstellungen, Schnupfen, E. Cuniculli und weiteren Krankheiten? Dies wird mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Jungtiere weitergegeben.
  •  Gibt es in der Linie Genfehler? Z. B. Zahnfehler, Spaltpenis... Nicht jeder Genfehler kommt sofort zum Vorschein. Erfahrene Züchter testen ihre Linien gezielt darauf, oder benützen nur Zuchttiere aus bereits getesteten Linien. Zusätzlich gibt es noch einige weitere Genfehler, die bei dem Tier nicht sichtbar sind, die aber durch ein Zusammentreffen mit dem selben Gen bei einer Verpaarung zum Vorschein kommen können.
  •  Passen die Tiere farblich zusammen? Stimmt die Genetik der Farbe? Oft fällt sonst nur die Farbe Wild. Diese Farbe ist sehr schwer zu vermitteln.
  •  Wie alt ist die Häsin? Ist sie vielleicht noch zu jung, oder evtl. sogar schon zu alt für Babys?  Hatte sie schon einmal Babys? Wie lange ist ihr letzter Wurf her? Schlimmstenfalls bleiben die Kaninchenbabys durch das falsche Alter im Geburtskanal stecken und es endet sowohl für die Häsin als auch für die Babys tödlich. Bestenfalls ist man beim Wurftermin zu Hause und kann in diesem Moment reagieren und einen Notkaiserschnitt durchführen lassen. Da manche Häsinnen gerne nachts werfen, ist auch dies nicht immer möglich. Es ist also sehr risikoreich in diesem Fall und kann, wenn man zumindest die Häsin retten will, mehrere hundert Euro kosten.
  • Wie schwer ist die Häsin? Hat sie das passende Gewicht? Es ist verboten, mit Tieren zu züchten, die unter 1000 Gramm wiegen. Zusätzlich darf man gesetzlich und wissentlich keine Typzwerge miteinander verpaaren, da es hier zu lethalen, nicht überlebensfähigen Zwergen kommen kann. Es gilt in diesem Fall also als Qualzucht. 
  •  Passen Häsin und Rammler auch wirklich genetisch zusammen? Es gibt viele Kaninchen, die man nicht miteinander verpaaren darf, oder soll.

Kaninchen, die nicht miteinander verpaart werden dürfen, oder sollen:

  •  Man sollte keine Steh- mit Schlappohren verpaaren. Die Babys erhalten meist Segelohren, die nicht richtig fallen können, weil sie
    z. B nicht richtig am Kopf sitzen. Das kann dem Kaninchen ein Leben lang höllische Schmerzen verursachen. 
  •  Zwerge sollten nicht mit zu großen Kaninchenrassen verpaart werden. Bestenfalls ist der Rammler immer kleiner als die Häsin. Anderenfalls kann es zu Geburtsproblemen führen.
  •  K-Schecken dürfen nicht miteinander verpaart werden. Nicht nur, dass die Babys komplett überzeichnet sind, nein, an ihnen kann ein tödliches Gen haften, dass hier doppelt an die Jungtiere weitergegeben wird. Diese Tiere sterben dann meist spätestens mit dem Eintritt der Geschlechtsreife. K-Schecken sind z. B. Punktschecken, Königsmantelschecke usw.
  •  Zudem sollten verschiedene Fellarten, wie z. B. Rex und Satin nicht vermischt werden
  •  Gerade bei Rex- und Satinkaninchen ist es wichtig, dass niemals zwei Kaninchen davon miteinander verpaart werden. Eine gesündere Verpaarung wäre z. B. Rex x Rexträger oder Satin x Satinträger, bzw. Träger x Träger. Dies gilt auch für weitere Fellarten und auch Mutationen, wie z. B. Löffelohren

Genfehler, die die Kaninchen weitervererben können:

 

Es gibt eine Reihe von Genfehlern die an die Kleinen weitergegeben werden können. Ob es dazu nur ein Elternteil oder beide dazu benötigt, um einen jeweiligen Genfehler weiterzuvererben, kommt auf den Fehler selbst darauf an. Daher sollte man nur Kaninchen verpaaren, die wissentlich frei von diesen Fehlern sind. Sollte doch ein solcher Fehler in einer Zucht auftreten, muss die gesamte Linie aus der Zucht genommen werden, damit dieser Fehler nicht weiter verbreitet wird. Man sollte also genau wissen, woher die Kaninchen stammen und von welchem Züchter. Ich zeige hier einige Beispiele auf. Da ich keine fremden Bilder dazu verwenden kann, beschreibe ich die Fehler nur kurz. In Suchmaschinen gibt es aber eine Reihe von Bildern zu den jeweiligen Fehlern zu finden. 

 

  • Zahnfehler: Zahnfehler sind sehr häufig bei Kaninchen. Sie können unter anderem auch durch die falsche Fütterung entstehen. Kaninchenzähne wachsen ein Leben lang. Wenn ein Kaninchen ein Futter bekommt, dass energiereicher als Grünfutter/Heu ist, kauen sie weniger und die Zähne werden zu lang. Dieser Fehler ist durch eine Futterumstellung leicht zu beheben. Ist der Zahnfehler allerdings genetisch, kann dieser kaum oder schwer berichtigt werden. Diese Fehler werden weitervererbt, je nach Art der Genetik kann schlimmstenfalls auch schon ein Elternteil diesen Fehler vererben, ohne dass dieses Elternteil selbst davon betroffen ist. Zahnprobleme können unter anderem auch zu Entzündungen von Augen, Mundhöhle, Zahnfleisch... führen. Oft entwickeln sich auch Abszesse mit Eiterbildungen, die sich in die Mundhöhle fressen können.
  •  Spaltpenis: Bei einem Spaltpenis ist die Öffnung der Harnröhre nicht an der Eichelspitze. Je nach Schweregrad des Defekts kann der Penis eine vergrößerte Urinalöffnung haben, oder einen komplett aufgeschlitzten Penis, welcher dann der Scheidenöffnung der Häsin gleicht.
  •  Maxfaktor: Die Hauptmerkmale des Maxfaktors sind eine geöffnete Schädeldecke, einseitige oder beidseitige Blindheit, eine geöffnete Schädeldecke, Fehlstellungen der Gliedmaßen... Tiere, die diesen Faktor tragen sollten unbedingt aus der Zucht genommen werden
  •  Hippo- oder Nilpferdfaktor: Oft kommen diese Tiere tot zur Welt und sie erinnern an Nilpferde. Wenn sie kurz nach der Geburt noch leben, nehmen sie nicht richtig zu und versterben innerhalb weniger Tage.

Ist die Häsin geeignet für den Wurf?

 

Immer öfter liest man in Anzeigen:

  • sehr kleinbleibend
  • die Eltern wiegen nicht mehr als 1100 - 1200 g
  • echte Zwerge
  • reinrassige Zwerge...

Dazu möchte ich schreiben, dass es zwei Arten von Zwergen gibt. Sehr kleinbleibende Zwerge sind Typzwerge. Typzwerge untereinander sollten nicht miteinander verpaart werden, da daraus ansonsten genetisch nicht überlebensfähige Jungtiere entstehen. Die sogenannten Peanuts. Nur die Peanuts sind genetisch wirklich reinrassige Zwerge. Wenn sie nicht bereits tot zur Welt kommen, sterben sie spätestens 3 - 5 Tage nach der Geburt. Es ist nicht nur eine Qualzucht, die gesetzlich verboten ist, nein, es wird bewusst damit gerrechnet Tote im Nest zu haben. Auch ist es genetisch möglich, dass auch hier "normalgroße" Zwergkaninchen geboren werden. In einer gesunden Zucht findet man immer verschiedene Größen der Zwerge. Ein Züchter, der bewusst züchtet, betont nicht die Größe der Kaninchen. Er kann es aber einschätzen, wie groß das Kaninchen im Erwachsenenalter sein wird. 

 

 

Manchmal gibt es auch Häsinnen, die auch charakterlich nicht für eine Zucht geeignet sind. Extrem scheue oder bissige Kaninchen sollten nicht verpaart werden. Charakter vererbt sich weiter. Niemand möchte Jungtiere, die sich nicht zu dem Halter trauen, bzw. die sofort panisch davon rennen.

 

Kein Meister ist vom Himmel gefallen. Die Häsin wird versuchen, die Geburt so gut wie möglich zu meistern. Das ist ihr Instinkt. Was ist aber, wenn sie kein Nest baut? Wenn sie kein Fell gerupft hat? Oder wenn sie die Jungen beim Säubern angefressen hat? Ab und an kommt es auch vor, das Häsinnen bei der Geburt die Jungtiere auffressen. Das kann verschiedene Gründe haben, wie z. B. Stress, weil sie sich nicht sicher genug fühlt, Nährstoffmangel oder auch, dass sie unerfahren ist. 

 

Hat die Häsin das passende Alter für den Wurf? Sie sollte nicht älter als 1 Jahr sein. Zwergkaninchen werden relativ früh geschlechtsreif. Meistens im Alter von 12 - 16 Wochen. In diesem Alter sind sie aber noch Teenager und keinesfalls für einen Wurf geeignet. Es sollte daher auch die Zuchtreife beachtet werden um die Häsin selbst nicht zu gefährden.

 

Auch kann es vorkommen, dass es Probleme bei der Geburt gibt. In so einem Fall sollte man z. B. die Nummer des Tierarztes parat haben oder auch wissen, wie man handeln muss. Schlimmstenfalls versterben die Häsinnen bei einer Geburt und man hat keine zweite Häsin, denen man die Kleinen unterschieben kann. Ist es dieser Versuch wert?

 


Kosten-, Zeit- und Platzfaktor

 

Eine Kaninchenzucht ist, wenn man auf die Bedürfnisse der Kaninchen bzgl. Futter, Platz, Gruppenverhalten und Gesundheit eingeht, nicht gerade günstig. Ich kenne keinen Züchter, der damit Gewinn macht. Ein guter Züchter wird seine Tiere impfen, damit seinen Schützlingen nichts passiert. Auch ein erforderlicher Tierarztbesuch sollte kein Thema sein. Eine gesunde Ernährung ohne Pellets und handelsüblichen Trockenfutter sollte möglich sein. Bei Kaninchen sollte täglich frisches auf dem Speiseplan stehen. Im Sommer sind es die Wiese und die Zweige und im Winter Gemüse und Obst. Der überwiegende Teil muss unbedingt blättrig sein.

 

Kaninchen kosten viel Zeit. Wir sind täglich damit beschäftigt, die Gehege sauber zu halten, Wiese zu sammeln oder Gemüse zu schneiden. Auch die täglichen Streicheleinheiten dürfen nicht fehlen. Zusätzlich bauen wir ständig am Gehege weiter, erneuern oder verbessern etwas. 

 

Der Platz ist ganz entscheidend bei Kaninchen. Sie benötigen einiges daran um ihre Haken zu schlagen. Ein Kaninchen im Käfig ohne Auslauf kann sehr schnell bissig und aggressiv werden. Wenn dann noch Jungtiere hinzukommen, kann es sein, dass die Häsin auch auf diese nicht gut zu sprechen ist. 

 

Wenn man ins Nest guckt, wird man überrascht sein, wie viele Babys es sein können. Oft meint man im Freundes- und Bekanntenkreis bereits Abnehmer gefunden zu haben. Was ist, wenn dies aber dann doch nicht so ist? Kaninchen gehören in ein artgerechtes zu Hause. Sie gut zu vermitteln kostet Zeit. Ist es möglich, dass Kaninchenbabys auch länger zu Hause bleiben, bis sie das perfekte zu Hause gefunden haben? Viele Kaninchen landen im Tierheim. Muss das wirklich sein?

 

Kaninchenbabys wachsen sehr schnell und bald werden sie mehr fressen, als ihre Mama. Sie können so einiges verdrücken, bei dem man nicht glaubt, dass es in dem kleinen Magen Platz hat. Aber sie sind ja auch im Wachstum. Aber was dürfen die Kleinen fressen und was nicht? Wie gewöhnt man sie an feste Nahrung und wie werden sie futterfest? Macht man hier Fehler, bekommen die Kleinen Verdauungsprobleme, die nicht selten zum Tod führen können.

 

Die Kaninchenbabys stehen kurz vor ihrem Auszug. Nur wie bestimmt man das Geschlecht? Ist man sich in der Bestimmung sicher? Wenn nicht, dann sollte dies ein Tierarzt übernehmen. Ein Irrtum im Geschlecht kann fatale Folgen haben. 

 

Wann trennt man die Babys von der Mutter? Und kann es wirklich sein, dass da der Sohn die Mama rammelt? Warum trägt meine Häsin schon wieder? 

 

Zu guter Letzt möchte ich sagen, Kaninchen sind Gruppentiere. Möchte man nur einen Wurf von seiner Häsin und man weiß nicht, wie man mit einem Gruppentier umgeht, wird meistens das Weibchen für den Wurf getrennt. Manche Weibchen verkraften dies ganz schlecht und müssen ein paar Wochen zuerst alleine und dann mit ihren Babys sitzen. Danach ist eine Wiedervergesellschaftung mit Stress verbunden und unvermeidlich. Außer, sie wird weiterhin alleine gehalten, weil sie sich ja nicht mit anderen Kaninchen verträgt. Solche Kaninchen verdienen wirklich Mitleid. Denn es ist absolut nicht das, was sich ein Kaninchen unter einem glücklichen Leben vorstellt. 

 

Bei den Rammlern ist es ähnlich. Potente Rammler vertragen sich nicht mit Artgenossen. Es gibt Ausnahmen, aber da brauchen sie sehr viel Platz. Auch hier ist aber nicht ausgeschlossen, dass es zu blutigen Kämpfen kommen wird. Der Rammler wird also von seiner Partnerin getrennt, wartet alleine Monate auf seinen einzigen Einsatz, wird bestenfalls danach kastriert und muss nun eine 6-wöchige Kastrationsfrist einhalten, die bei einer Frühkastration vermieden werden hätte können. Auch er muss danach vergesellschaftet werden, es sei denn, auch dieser wird nicht artgerecht gehalten und bleibt alleine.

 

Die Babys bleiben ca. 2-3 Wochen im Nest. Mit 8 Wochen ziehen sie aus. Sind es die 5-6 Wochen wirklich wert, nur einmal Kaninchenbabys zu haben, wenn man die oberen Punkte näher betrachtet? Oder ist es eher Egoismus, weil man sie ja einmal aufwachsen sehen möchte? Ich hoffe, ich konnte zumindest ein paar zum Nachdenken bringen. Allein dann, war es die Zeit, die ich hier investiert habe schon wert.


Nachtrag: Ich bedanke mich ganz herzlich bei meiner Freundin Ramona (Monas Zwergenbande), die mir erlaubt hat, ein paar Punkte von ihrer Seite zu übernehmen.